Piktogramm_Para_Tischtennis

Para
Tischtennis

Etwa 5 Minuten Lesedauer
Titel Frontend

Rollstuhl und Prothesen

Sportgeräte, Rollstuhl und Prothesen
Die Grundausrüstung für das Tischtennis-Training sind Tische, Netze, Bälle und ein Schläger. Als weiteres Wettkampfutensil kann das Handtuch gesehen werden.

Beim Para Tischtennis kommen meist noch einige individuelle Sportgeräte hinzu. Ob es sich hierbei um eine Beinprothese oder eine Armprothese handelt, ist individuell von den Sporttreibenden abhängig. Selbstverständlich ist für die Klasse 1-5 der Rollstuhl ein essentielles Sportgerät. Oftmals verwenden Beginner ihre Alltagsgeräte ebenfalls als Sportgeräte. Athleten nutzen im Sport häufig speziell angefertigte Prothesen oder Rollstühle. Es besteht zwar keine Pflicht, von Vorteil ist jedoch, dass die Hilfsmittel optimal an den Sport angepasst werden. So ermöglicht beispielsweise ein spezieller Sportrollstuhl eine bessere Sitzposition oder eine höhere Stabilität (nähere Erläuterungen hierzu in Absatz Tipps und Tricks im Rollstuhl).

Grundsätzlich gilt, dass die Hilfsmittel Verwendung finden, mit denen am besten gespielt und gearbeitet werden kann. Die Wahl der Hilfsmittel sind letztendlich Feinheiten, die im Laufe des Trainings weiter angepasst werden müssen. Sollten Sie sich aktuell überlegen mit dem Para Tischtennis zu beginnen, können sie einwandfrei mit Ihren Alltagsprothesen oder Alltagsrollstühlen starten.

Tipps und Tricks im Rollstuhl
Fortgeschrittene Sportler versuchen die bestmöglichen Bedingungen aus ihrem Rollstuhl herauszuholen. Hier geht es vor allem um die Sitzposition im Rollstuhl, die Sitzposition im Verhältnis zum Tischtennistisch und die Stabilität des Rollstuhls. In den Klassen 1-2 wird hier oftmals ein separater Rollstuhl verwendet, da die Unterschiede zum Alltagsrollstuhl sehr groß ausfallen. Dennoch gibt es auch Athleten in den Wettkampfklassen 1-2, die keinen separaten Sportrollstuhl besitzen. Dies ist eine individuelle Vorliebe und diese Entscheidung liegt – wie bereits erwähnt – bei den Athleten selbst. In den Wettkampfklassen 4-5 wird oftmals vor dem Training bzw. Wettkampf eine kleine Veränderung am Rollstuhl vorgenommen, wie zum Beispiel die Änderung der Position der Räder, um eine höhere Sitzposition zu erlangen.

Janina Sommer ist eine Athletin des deutschen Kaders und spielt in der Wettkampfklasse 1 der Frauen (WK 1, W). Sie benutzt zwei verschiedene Rollstühle: Einen für den Alltag und den anderen für den Sport. Die Unterschiede ihrer beiden Rollstühle erklärt Janina wie folgt:

„Mein Alltagsrolli ist so konzipiert, dass ich so gut wie möglich selbstständig leben kann. Er ist kompakter und damit wendiger, der Kipppunkt ist so eingestellt, dass ich mit geringem Aufwand Bordsteinkanten überwinden kann. Die extreme Sitzneigung ermöglicht mir eine sichere und stabile Position. Mit der eingestellten Sitztiefe passe ich auch in einem Restaurant noch unter den Tisch. Mein Sportrolli hingegen ist für das Tischtennis optimiert. Die Sitzhöhe ist bis ins Maximale ausgereizt, sodass ich gerade noch unter den Tisch passe. Die Aufrichtung der Rückenlehne begünstigt, dass ich leichter aus meinem Rolli Richtung Ball „springen“ kann. Es ist fast unmöglich den Rolli anzukippen. Außerdem lassen sich die Vorderräder arretieren, damit ich mich während des Spiels auch mit einer Hand fortbewegen kann.

Valentin Baus ist ebenfalls Athlet des deutschen Kaders und spielt in der Wettkampfklasse 5 der Herren (WK5, M). Er benutzt den gleichen Rollstuhl im Alltag wie im Sport. Er verändert jedoch seine Reifenposition vor jeder Sporteinheit, um seinen Rollstuhl fürs Tischtennis zu optimieren. Diese Anpassung erläutert Valentin im Folgenden so:

„Als ich international anfing, ging es auch darum die optimale Einstellung des Rollstuhls zu finden. Da ich sehr oft alleine reise, habe ich mich dagegen entschieden einen zweiten Rollstuhl zu nehmen und nach Lösungen gesucht, wie ich Sport und Alltag mit einem Rollstuhl kombinieren kann. So ist die Idee mit einer zweiten Achse entstanden und die Räder vorne zu tauschen. Die zweite Achse, die sich etwas hinter der ersten befindet, brauche ich dafür, dass ich zum einen den Radstand verlängern kann, damit mein Rollstuhl sich nicht so schnell dreht und ich beim Topspinspielen meine Position zum Tisch behalte. Der zweite Grund ist, dass ich etwas höher sitze. Die Räder vorne wechsle ich, damit ich auch hier etwas höher komme. “

Wie Janina Sommer und Valentin Baus ist auch Thomas Schmidberger ein Athlet des deutschen Kaders, er spielt in der Wettkampfklasse 3 der Herren (WK3, M). Thomas benutzt wie Valentin den gleichen Rollstuhl im Alltag wie im Sport. Er verändert den Rollstuhl während des Sports nicht. Thomas begründet seine Entscheidung wie folgt:

„Ich nutze meinen Sportrollstuhl auch im Alltag, da ich meinen Rollstuhl gerne in allen Lebensbereichen einschätzen kann. Deswegen nutze ich auch die gleichen Einstellungen beim Sport, weil ich das genaue Bewegungsverhalten am besten einschätzen und steuern kann.“

Sitzposition im Rollstuhl
In den Wettkampfkassen 1-2 wird oftmals eine gravierende Veränderung der Rückenlehne und damit auch der Sitzposition herbeigeführt. Die Rückenlehne ist im Sportrollstuhl niedriger und kürzer, dadurch sind die Schulterblätter frei. Dies ermöglicht den Armen mehr Bewegungsfreiheit, wodurch der Schlagradius vergrößert werden kann. Dies ist ein entscheidender Vorteil gegenüber dem Alltagsrollstuhl, bei dem die Rückenlehne oft höher ist, da dieser mehr auf die selbstständige Bewältigung des Alltags ausgelegt ist. Des Weiteren kommt der Rückenlehne im Sportrollstuhl häufig noch die Aufgabe zu, die Sporttreibenden in der links- und rechtsseitigen Bewegung zu unterstützen und sorgt dafür, dass sie bei diesen Bewegungen nicht aus dem Rollstuhl fallen.

Sitzhöhe zum Tischtennistisch
Viele Profisportler haben ein separates Sitzkissen für den Sport. Dieses Sitzkissen ermöglicht einen erhöhten Sitz, sodass die perfekte Sitzhöhe erreicht werden kann. Daraus ergeben sich gleich zwei Vorteile: Zum einen können mit einer erhöhten Sitzposition viele Schläge besser ausgeführt werden, zum anderen wird die Reichweite der Arme nach links und rechts erweitert, vor allem aber nach vorne zum Netz hin. Allerdings ist die erhöhte Sitzposition auf Dauer sehr anstrengend und findet daher keine Verwendung im Alltag.

Stabilität des Rollstuhls
In den Wettkampfklassen 4-5 ist es sehr beliebt die Reifen von vorne nach hinten umzustecken. Dadurch erhält der Rollstuhl mehr Stabilität. Im Alltag brauchen Rollstuhlfahrer oftmals einen sehr agilen und wendigen Rollstuhl. Im Gegensatz dazu soll der Rollstuhl beim Tischtennisspielen stabiler stehen, damit dieser sich nicht bei jedem Schlag bewegt. Um mehr Stabilität zu erzeugen, können die Hinterreifen noch weiter nach hinten umgebaut werden. Dadurch kann ein größerer Abstand zwischen Vorder- und Hinterreifen erzielt werden. Mit Hilfe diese Technik kann der gesamte Rollstuhl ebenfalls etwas höher gebaut werden, um die bereits erwähnte optimale Sitzposition zu erreichen. Dafür werden die Hinterreifen nicht nur nach hinten, sondern auch etwas weiter nach unten gesteckt. Damit trotz dessen die Balance gewahrt werden kann, müssen die Sporttreibenden zusätzliche Vorderreifen besitzen, um die neu gewonnene Höhe ausgleichen zu können.