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Technikvermittlung
Der Weg hin zur Perfektionierung dieser Techniken ist jahrelang - ein nie abzuschließender Prozess mit vielen Entwicklungsschritten. Phasen, in denen es evolutionäre Fortschritte durch Detailarbeit gibt, sind gefolgt von revolutionären Schritten, in denen durch neue Impulse, Blickwinkel, Körper- oder Materialveränderungen die Bewegungsvorstellung und -ausführung sich grundlegend anpassen muss. Um zielführende fertigkeitsangepasste und stabile innere Repräsentationen der Technikleitbilder als Grundlage für eine optimale Ausführung mit den Athleten zu erarbeiten, gibt es in der Technikvermittlung verschiedene Werkzeuge. Diese gilt es zu kennen und regelmäßig zu pflegen.
Die Kunst des Techniktrainings
Eine optimale Technik ermöglicht es bei allen Geländebedingungen die größtmögliche und effizienteste Vortriebswirkung erzielen zu können. Sie wird an die Behinderung angepasst. Dabei ist das Ziel, möglichst früh im Trainingsprozess einen hohen Grad an Automatisierung in der Bewegung zu erzielen. Dies soll durch zur Situation passende innere Bilder und innere Repräsentationen der Bewegung geschehen, die die notwendigen motorischen Abläufe möglichst effizient und wiederholbar abbilden (Hüther, 2015). Äußerlich sichtbar wird dieses motorische Lernen in flüssigen Abläufen. Es ist auf hohe Wiederholungszahlen mit hoher Qualität und Konzentration angewiesen. Die neurowissenschaftlichen Grundsätze, die auch das motorische Lernen betreffen, neurons that fire together wire together und use or lose it, unterstreichen in ihrem Zusammenhang die Bedeutung von hohen Wiederholungszahlen mit hoher Qualität (Lobinger, Musculus, & Bröker, 2021).
Stellt man sich die neuronalen Repräsentationen einer Zielbewegung als Trampelpfad auf einer Wiese vor, wird deutlich, dass man diesen oft und exakt gehen muss, damit nicht Gras darüber wächst oder mehrere schlechter sichtbare Pfade entstehen. Gerade um Zielbewegungen unter Druck auszuführen, wenn durch diesen die Wahrnehmung eingeschränkt ist, sind deutliche, etablierte Pfade notwendig (Mayer & Hermann, 2015).
Technik verändert sich im Zeitverlauf in der Praxis immer wieder in eine negative, aber auch in eine positive Richtung. Das Zurückfallen in alte Muster muss durch regelmäßige gezielte Fokussierung auf unterschiedliche Technikmerkmale, die Auffrischung der inneren Bilder und die grundsätzliche Entscheidung, jedes Training auch als ein Techniktraining zu sehen, vermieden werden. Im Folgenden werden Zielbewegungen mit objektiven Kriterien als Hilfe zum Abgleich dargestellt.
Die individuellen Akzentuierungen dieser Kriterien sind die Grundlage für die individuelle, behinderungsabhängige Zieltechnik. Weiter ist die Technik in gewissem Umfang auch persönlichkeitsabhängig. Dies wird deutlich im Grundsatz, dass in erster Linie Menschen unterrichtet werden und in zweiter Linie die Technik.
Für den gewünschten Erfolg braucht es eine qualitativ hochwertige Technikvermittlung auf der einen Seite und ein stetig wachsendes Technikinteresse und -verständnis auf der anderen Seite. Von Trainern sowie Sportlern ist gegenseitiges Interesse, Beobachten und Hinterfragen gefordert. Es ist sehr wichtig, dass der Athlet nach einer Technikkorrektur die Übung unmittelbar erneut ausführen kann und nach diesem nachfolgenden Üben in der Lage ist, dem Trainer ein Feedback über das Gefühlte zu geben.
Bild: R. Kuckuck
Um im Wettkampf unter physischem und psychischem Stress mit Aufgaben- und Zeitdruck technische Abläufe in hoher Präzision abrufen zu können, sind konditionelle Voraussetzungen zu erfüllen. Die Technik ist immer auch unter taktischen, situationsbezogenen, und geländeabhängigen Gesichtspunkten zu betrachten. So ist es z. B. gerade dann wichtig eine bestmögliche Technik zu laufen, wenn eine Erschöpfung des Körpers bemerkbar ist. Auch am Schießstand ist gerade unter solch erschwerten Bedingungen eine perfekte Technik wichtig.
Um eine möglichst hohe Bewegungsökonomie zu erzielen, sind direktes Trainerfeedback und Videofeedback mit dem Smartphone oder Tablet vor Ort als Feedbackmethode optimal geeignet. Diese kann ergänzt werden mit dem gegenseitigen Feedback unter Athletinnen und Athleten um das Verständnis der Technik verbessern (Sollie, Holmsen, Steinbo, Ommundsen, & Losnegard, 2021).
Durch Techniktraining soll das Zusammenspiel von Wahrnehmung, Verarbeitung und Ansteuerung der Muskulatur situationsgerecht verbessert werden. Körperinterne und externe Wahrnehmungen sollen dazu sinnvoll umsetzungsrelevant priorisiert und interpretiert werden, sodass als Reaktion darauf ausreichend rasche, adäquate und effiziente Prozesse zwischen Gehirn, zentralem Nervensystem und Bewegungsapparat ablaufen können.
Bei Sehbeeinträchtigungen kann die Wahrnehmung ggf. stark von Lichtverhältnissen abhängen und das Techniktraining muss an helle oder dunklere Bedingungen angepasst werden. Die Bewegungsvorstellung hat für die Athleten eine besondere Bedeutung. Sie muss in besonderem Maße durch verbale und taktile Hilfsmittel vermittelt werden. Dies erfordert viel Geduld und Kreativität in der individuellen Lösungsfindung.
Bei Behinderungen, die zu Schmerzen bei der Bewegungsausführung führen können, ist auf diesen potenziell aufkommenden Schmerzen Rücksicht zu nehmen, sodass das Techniktraining ohne diese und mit maximaler Konzentration ausgeführt werden kann.
Gerade bei Anfängern kommt es eher (verstärkt durch das ggf. Verlassen einer kenn‑ich‑kann‑ich‑Situation) zu Überinterpretationen der wahrgenommenen Informationen und infolgedessen zu unpassenden Muskelanspannungen. Hierbei kann es helfen, ruhig zu atmen, den Blick zu heben, die bewusst wahrgenommen Dinge zu beschreiben, z. B chronologisch zu ordnen und das Tempo und damit die Reizdichte zu reduzieren. Eine möglicherweise als Bedrohung empfundene Situation etwa durch Angst zu stürzen oder den Erwartungen nicht gerecht zu werden, kann mit Maßnahmen gegen das Overthinking begegnet werden. So hilft es die Ängste zu benennen, zu akzeptieren und anzusprechen und sich immer wieder auf die Chancen, die aus der Übung entstehen können zu konzentrieren und sich bewusst Pausen für eine ruhige, bewusste Atmung und Körperwahrnehmung zu nehmen. Auch die Frage "Wofür bin ich gerade dankbar?" ist zwar ungewöhnlich, aber unter Stress oftmals eine gute Hilfe einen hilfreichen Erregungszustand für eine erfolgreiche Übung herzustellen.
Um den steuernden Prozessen im Körper den Vorrang zu lassen, dominieren im Techniktraining die submaximalen Krafteinsätze. Das Lernen und das Gedächtnis werden unterstützt, wenn keine maximalen körperlichen Belastungen verlangt werden beim Techniktraining. Die Dauer des Techniktrainings sollte 20-60 Minuten und das maximale Konzentrationsvermögen nicht übersteigen (Schüler & Wegner, 2020).
Die Bedeutung von voller Konzentration und optimaler Erholung mit geringen Störfaktoren vor und keinen Störfaktoren während des Trainings ist zu Beginn hoch. Mit zunehmenden koordinativ-technischen und konditionellen Kompetenzen, steigt die Bedeutung höherer Krafteinsätze und gezielter Störfaktoren auch im Techniktraining, da die Technikqualität auch unter Stress und vielfältiger Außeneinwirkung auf der Loipe und am Schießstand im Spitzenbereich wettkampfnah gegeben sein muss.
Mit zunehmenden Krafteinsätzen und den damit verbundenen höheren Anforderungen an die körperinterne Bereitstellung und Koordination von Stoffwechselprodukten und die veränderte Reizdichte, mit denen die Sinne durch höhere Geschwindigkeiten konfrontiert werden, wird eine klare und eindeutige Bewegungsvorstellung immer wichtiger.
Unter physischem und psychischem Stress verändert sich die Wahrnehmung. Liegen erprobte, funktionierende Bewegungsabläufe vor, kann der Grad der situativ notwendigen Improvisation reduziert werden und die Anzahl der standardisierten, adäquaten und realitätsnahen Wenn-Dann-Abläufe erhöht werden. Hierfür ist es im Training wichtig, durch häufige Wiederholungen mit hoher Qualität die relevanten neuronalen Wege zu stärken und als Standard zu etablieren, der von Störfaktoren weitestgehend unabhängig ist. So können nach dem Prinzip von use it or lose it die dysfunktionalen Wege indirekt geschwächt werden und ein Zurückfallen in alte Bewegungsmuster vermieden werden (Mayer & Hermann, 2015).
Hilfreich sind verschiedene Variationsmöglichkeiten, die dem Lernprozess immer wieder neue Reize geben. Diese Varianten unterstützen den Aufbau von geeigneten Bewegungsvorstellungen und -ausführungen. Auch wichtige Knotenpunkte der Bewegung können so verdeutlicht werden durch:
- Unterschiede in der räumlichen Bewegungsausführung (Abstände im Gelände oder von Gliedmaßen zum Körper, Hangneigung, Vorstellung eines schmalen Tunnels etc.)
- Unterschiede in der räumlich-zeitlichen Bewegungsausführung (langsamer oder schneller im Gelände und/oder in den Gliedmaßen mit Variation von Bewegungsumfang, Gleitphase etc.)
- Unterschiede in der dynamischen Bewegungsausführung (variierte Krafteinsätze)
- Unterschiede im Rhythmus bzw. in der zeitlichen Bewegungsausführung
- Lenkung der Aufmerksamkeit auf einzelne Aspekte der Bewegung (Schöllhorn, 2003)
Die Lenkung und Fokussierung der Aufmerksamkeit (= Konzentration) ist im Sport entscheidend, um die richtigen Dinge zur richtigen Zeit wahrzunehmen. Für das Techniklernen und die Technikanwendung ist die Konzentration eine Schlüsselkomponente. Eine höhere Konzentrationsfähigkeit führt außerdem zu einem häufigeren Flow-Erleben und zu einer Stressreduktion (Engbert & Kossak, 2021).
Faustregel im Alter von 5-40 Jahren: Die Dauer der maximalen Konzentration entspricht in etwa dem doppelten Lebensalter in Minuten.
Die Konzentrationsfähigkeit kann trainiert werden. Nideffer (1981) differenziert vier Aufmerksamkeitsarten, die für Technik-Übungen wichtige Impulse geben können.
Informationen aus diesen vier Feldern fließen in die Interpretation der Situation und bestimmen so die technische Ausführung ein. (Schüler & Wegner, 2020)
Es ist wichtig, mit dem Sportler zusammen zu erarbeiten, wann welche Richtung der Fokussierung die richtige ist, dazu sollten alle Richtungen eingeübt sein. Weiter muss geklärt sein, welche Details der Strecke oder des Schießstandes relevant sind und welche Folgen damit verbunden sind.
So kann es situativ, wie beispielsweise bei großer Ermüdung und Muskelschmerzen im Wettkampf, hilfreich sein, sich auf Streckenabschnitte zu konzentrieren statt auf den Schmerz (Wechsel von enger Innensicht zu enger Außensicht). Ein weiter Innenfokus kann z. B. vor dem Schießstandanlauf helfen, die richtige Geschwindigkeit für den Schießstand zu finden, bevor der enge Außenfokus für die Abläufe relevant wird und innere-enge Vorgänge wie Emotionen (oder auch was-wäre-wenn-Gedanken) hinderlich werden können.
Die entsprechenden Lernphasen lassen sich nach Hotz (1983) wie folgt differenzieren:
Lernphasen unter verhaltens-, trainingsmethodischen und neurophysiologischen Aspekten (nach (Hotz & Weineck, 1983), in (Wolf & Kullmann, 2010).
Das Lerntempo sowie die notwendige Anzahl und Qualität von Pausen zwischen maximalen Konzentrationsphasen sind dabei stark individuell. Das Modell von Yerkes-Dodson (1908) hilft uns hierbei weiter. Es beschreibt wie die Lernleistung von der Erregung bzw. dem Stresslevel des Athleten abhängt. Die optimale Lernleistung ist weder bei Unterforderung noch bei Überforderung gegeben (Schüler & Wegner, 2020).
Meist werden die Yerkes-Dodson Kurven vereinfacht als umgedrehte, symmetrische U-Parabeln dargestellt. Dieses erweiterte Schaubild soll individuelle Unterschiede darstellen, die sich in veränderten Kurvenverläufen und Links- bzw. Rechtsverschiebungen des Leistungsmaximums, unterschiedlich von Person zu Person, zeigen. Zur Vereinfachung wurde ein vergleichbares Leistungsmaximum angenommen, wie es in der Realität inter- und intrapersonell (situationsspezifisch) selten vorkommt.
Nimmt man dieses Modell und bringt es in den Kontext der folgenden drei Parameter, ergeben sich weitere Differenzierungen dessen, was oben als Erregung oder Stresslevel bezeichnet wurde. Die richtig dosierte Mischung aus
- Belohnung und Rückmeldung (Dopaminausschüttung)
- Über- noch Unterforderung in der Zielsetzung (Relevanz führt zu Adrenalinausschüttung)
- und ein ausgewogener Neuheitsgrad im Verlauf (neuronal assoziiert mit Acetylcholin)
ist zielführend, um die Aufmerksamkeit auf maximalem Niveau zu halten, das Stresserleben zu minimieren und die optimalen Rahmenbedingungen für das Flow-Erleben zu schaffen (Fabritius & Hagemann, 2017). So könnte man also auch drei U-Kurven für jeden einzelnen Sportler darstellen mit diesen Parametern für ein individuelles Profil und eine gezielte Steuerung der Feedbackdichte, der Zielsetzung und des Neuheitsgrades.
Interessant ist neben der individuellen Betrachtung eines Einzelnen, der Blick auf die Gruppe. Es gibt Athleten, die eine längere Zeit über eher gering fordernde Übungen für einen optimalen Lernfortschritt benötigen und auch, z. B. ihre Geduld betreffend, gut mit einer geringeren Aufgabendichte umgehen können. Ihre Kurven sind im Schaubild weiter links zu finden. Weiter gibt es Athleten, die unter höheren Anforderungen, mit ggf. höherem Risiko und häufigeren Neuheiten, ihre beste Lernleistung abrufen können. Letztere (mit Kurven stärker rechts im Schaubild) benötigen eine größere Variation und Intensität in der Übungsauswahl. Sie haben auf der anderen Seite größere Schwierigkeiten mit Routineaufgaben wie dem Trockentraining und benötigen hierfür motivationale Hilfen.
Mit Erfahrung und guter Kommunikation in einer stabilen Trainer-Athlet-Beziehung lassen sich die unterschiedlichen Lerntypen identifizieren, vor Überforderungen schützen und gezielt fordern und fördern. Dabei ist entscheidend, wie gut die jeweilige situations-, gruppen-, wetter-, schnee- und tagesformabhängige didaktische Reduktion der Lerninhalte gelingt.
Stellt man sich das gesamte notwendige Wissen über Skilanglauf und Biathlon als Gebäude vor, bei dem mit dem Bau am besten beim Fundament begonnen wird, kann jede Trainingseinheit nur ein kleiner Baustein sein. Diesen gilt es passend auszuwählen, präzise zu beschreiben, zu bearbeiten und dann stabil auf die anderen zu setzen. In der Ansprache vor der Gruppe hat der Trainer das komplette Gebäude im Kopf, kann situativ jedoch nur auf einen Baustein eingehen. Die didaktische Reduktion erfolgt mit dem Ziel, die Verständlichkeit und Merkbarkeit der Trainingsinhalte zu verbessern. Dabei kann sowohl quantitativ als auch qualitativ reduziert werden. Was situativ irrelevant ist, wird quantitativ reduziert. Die Inhalte werden reduziert, indem sie ausschnitthaft dargestellt und auf ihren Kern zurückgeführt werden. Dieser Vorgang wird als vertikale Reduktion bezeichnet. Die horizontale Reduktion ist gekennzeichnet durch die Verwendung von Hilfsmitteln, Medien, Metaphern und Vergleichen, um abstrakte und komplexe Sachverhalte zu vereinfachen.
Inhaltlich zeigt das folgende Schaubild eine mögliche didaktische Reduktion des Themas der Gruppenführung im Outdoorsport in Abhängigkeit von Zielgruppe, Lernzielen, Umweltbedingungen und Zeitbudget:
Abgeleitet vom Kernthema werden Knotenpunkte verwendet, um die Unterpunkte einzuordnen, Abb. von R. Kiefer nach Universität Bremen, 2022.
Auch im spezifischen Bezug auf das Thema Techniktraining ist die didaktische Reduktion interessant. Beispielsweise können von der Zieltechnik Diagonalschritt als Kernthema durch Ordnung und Schwerpunktsetzung Knotenpunkte wie „Arm und Beinarbeit“, „Abdruck und Gleitphase“ oder „Positionieren, Agieren und Stabilisieren“ als Schemata verwendet werden, um dann mit den jeweiligen Übungen nacheinander Unterpunkte zu thematisieren.
In der Ganz-Teil-Ganz-Methode kommt dies folgendermaßen zum Ausdruck: Durch die möglichst klare Darstellung des Gesamtablaufs durch Vorzeigen, Erklären, ein Video oder Hören entsteht ein Verständnis und ggf. ein Gefühl für die Zielbewegung durch mentale Nachahmung. Ist die direkte praktische Nachahmung nicht risikofrei möglich oder didaktisch sinnvoll, wie. z. B. bei den ersten Schritten auf Rollski, bleibt es bei der Darstellung durch Video oder Vorzeigen. Der folgende Hauptteil dieses Techniktrainings wird bei dieser Methode mit Teillernschritten absolviert. Dies wird auch Zergliederungsmethode genannt. So wird die Gesamtbewegung in einzelne Abschnitte gegliedert, wie z. B. reine Beinarbeit beim Laufen oder Schießen nur bis zum ersten Schuss. Diese Teilabschnitte können dann entweder weiter zergliedert werden oder es können direkt Schlüsselpunkte betont und eingeübt werden. Zum Abschluss sollten die Übungen wieder in den eingangs gezeigten ganzen Zielablauf eingeordnet werden, um das Verständnis der Athletinnen und Athleten zu fördern. Der Trainer muss sicherstellen, dass die Zusammenhänge verstanden wurden.
Die Kunst beim Techniktraining besteht darin, die richtigen Teilübungen auszuwählen und in den ganzheitlichen Zusammenhang verständlich zu integrieren. Wer Leistung will, muss Sinn anbieten.
Wenn in jedem Techniktraining ein bis zwei neue Aspekte verstanden und umgesetzt werden können, ist das Trainingsziel häufig erreicht.
Die Anzahl der Techniktrainings sorgt dafür, dass bei stetig kleinen positiven Veränderungen stabile große Verbesserungen ähnlich einem Zinseszinseffekt stattfinden können, dabei ist Geduld gefragt. Der Effekt von häufigen kleinen Verbesserungen durch akribisches Üben oder auch Verschlechterungen durch beispielsweise unkonzentriertes Training, werden in der Summe in der Regel unterschätzt.
Selten aber hochwirksam sind sogenannte magic moments (Marschall, 2021), bei denen, wie in einem revolutionären Schritt, Unterpunkte und Knotenpunkte in den Gesamtzusammenhang gebracht werden können und ein besonderes, neues Bewegungsgefühl wahrgenommen wird. Diese magischen Momente gilt es immer wieder anzustreben, ihnen sollte besonders Raum gegeben werden durch gezielte Betonung und Reflexion. Manchmal sind es nur wenige Sekunden, in denen Inhalt und Zielform, Geist und Körper sichtbar und spürbar stimmig zusammenfallen. Aus ihnen entwickelt sich Kontinuität und ein immer tiefer werdendes Bewegungsverständnis.
Erlebnis bringt Ergebnis – W. R. Marschall.
Diese Momente können auch als Aha- oder Wow-Erlebnisse, durch besondere Leistungen, besondere extreme oder ästhetische Naturschauspiele oder gruppendynamische Effekte verursacht, wahrgenommen werden. Schlussendlich sind sie für Sporttreibende und Trainerinnen und Trainer eng mit der langfristigen Freude am Skisport gekoppelt und daher von großer Bedeutung. Das gegenseitige Spiegeln hilft solche Momente wahrzunehmen, ihre bloße Existenz ist oftmals leider nicht ausreichend. Nicht nur durch das Trainerteam, sondern auch untereinander können Athletinnen und Athleten so voneinander profitieren. Durch gegenseitiges Feedback fällt es allen leichter den richtigen Fokus zu halten.
Im Techniktraining kann die direkte akustische Rückmeldung durch Trainer oder Guide durch eine visuelle Rückmeldung durch einen Spiegel am Laufband oder auf einem Anhänger auf der Rollskistrecke oder klassische Videoanalyse ergänzt werden.
Bei der Videoanalyse ist auf ein möglichst zeitnahes Feedback zu achten, am besten mit direkter Korrekturmöglichkeit. Interessant hierfür sind auch Videoprogramme mit einer Delay-Funktion, die Videos mehrere Sekunden verzögert abspielen, sodass die Sportlerinnen und Sportler genug Zeit haben zum Bildschirm zu rollen/laufen nach ihrer Übung. Auch die verschiedenen Slow-Motion-Funktionen vieler Kameras und Smartphones/Tablets können hilfreich sein.
Für einen hohen Nutzwert der Videos ist auf darauf zu achten, dass die Sportlerinnen und Sportler möglichst viele Bildpunkte des Videobildes belegen. Von der Seite orthogonal und frontal von vorne gelingen oft die besten Aufnahmen. Bei Kälte ist an Ersatzakkus zu denken. Die Sonne sollte im Rücken der filmenden Person liegen.
Immer wieder sollte auch Videomaterial der Weltbesten zur Veranschaulichung genutzt werden.
So verdeutlichen folgende Beispiele der technischen Ausführung während eines Biathlon-Wettkampfes der WM 2022 in Lillehammer die unterschiedlichen Anforderungen im Gelände:
- Kategorie Sitting: https://www.youtube.com/watch?v=zZpOLMuAOOs
- Kategorie Standing: https://www.youtube.com/watch?v=3AktTST2Lh0
- Kategorie Vision Impaires (VI): https://www.youtube.com/watch?v=J8IFav-ZCeI
Da es sich bei der technischen Ausführung nicht um starre Bewegungsabläufe handelt, ist eine ständige Feinabstimmung für das gelände- und situationsangepasste Laufen notwendig. Schnee und Material sind beispielsweise in ständiger Veränderung. So gilt es von Anfang an bei der Vermittlung der „richtigen“ Technik Spielraum für die Wahrnehmung der Sportlerinnen und Sportler zu lassen, damit das notwendige Gefühl für die Feinabstimmung geschult wird. Für das Schießen gilt dasselbe - jeder Schießstand ist anders und auch die Wahrnehmung des Windes etc. erfordert individuelles, situationsabhängiges Handlungsvermögen im Kontext des Versuchs der Anwendung einer „optimalen“ Technik.
Wie auch im Bereich der konditionellen Ausbildung gelten folgende Reizprinzipien auch beim Techniktraining.
Übungspools
Es gibt zahlreiche Quellen mit einer großen Anzahl von Übungen, die Trainerinnen und Trainer nutzen können als Anregung für ihr individuelles Training im Skilanglauf. Eine Auswahl wird im Folgenden vorgestellt:
- DSV Skilehrplan Skilanglauf als Buch
- DSV Experten Tipps: https://www.youtube.com/playlist?list=PLKSQ1n-7wg8EuMBWshVCAZ5_b8K-jrHQJ
- Wintersportschule: https://www.wintersportschule.de/unterricht/programme/ski-nordisch.html
- Mobilesport.ch: https://www.mobilesport.ch/filter/#m:1;p:593
- Norwegischer Skiverband: http://aktivitetsbanken.no/ski/ovelser/ (übersetzbar z. B. direkt im Chrome Browser)
- Die Ringbücher des DSV der Serie "Unterrichten leicht gemacht - Tipps und Aufgaben für den Skilehrer"
- sowie die Ringbücher des DSLV der Serie „Besser unterrichten Langlauf“ bieten dem Skilehrer einen praxisnahen und handlichen Leitfaden.
- Apps wie Vivlico (vivlico.com) werden ständig weiterentwickelt und bieten auch die Möglichkeit sich selbst einzubringen.