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Bedeutsame didaktische und methodische Aspekte

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Bedeutsame didaktische und methodische Asprekte

Bedeutsame didaktische und methodische Aspekte
(in Anlehnung an das Handbuch Rollstuhlbasketball)
Sportdidaktik
Die Sportdidaktik ist ein bedeutsamer Bestandteil der Lehre der Aneignungs- und Vermittlungstechniken innerhalb des Sportunterrichts. In allen Einrichtungen, in denen Sport als ›Erziehungsmittel‹ eingesetzt wird, kommen die sportdidaktischen Grundüberlegungen zum Tragen. Dazu zählen alle bedeutsamen Sachverhalte und deren Relationen untereinander. Im Einzelnen sind das Lernziele, Lerninhalte, Trainingsmethoden, Trainingsschwerpunkte, Organisationsformen und die personale Interaktion.
Sportdidaktik umfasst alle Bestandteile der Planung, Durchführung und Auswertung der Lehr- und Lernprozesse. Alle bedeutsamen gesellschaftlichen und personellen Rahmenbedingungen werden in die Trainingsvorbereitung mit einbezogen. (RÖTHIG (Hrsg.) 1992, S. 426)
METHODIK DES SPORTUNTERRICHTS
Sachverhalte der Methodik sind:
•    die Grundsätze und Werkzeuge der Unterrichtsplanung
•    die Maßnahmen und Verfahren der Durchführung des Sportunterrichtes und
•    die Fragen der Leistungskontrolle bzw. Leistungsbewertung.
Weiterhin sind die didaktischen Aspekte des Medieneinsatzes von den übrigen oben beschriebenen Sachverhalten nicht zu trennen. Methodische Abhängigkeiten resultieren aus dem Unterrichtskonzept, wie z.B. offener Sportunterricht, Sportartenkonzept oder erfahrungsorientierte Bewegungserziehung. Aus diesem Grund gibt es für die unterschiedlichen Unterrichtssituationen kein allgemeingültiges Rezept für die Methodik. Der Einsatz der verschiedenen Methoden ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang von beabsichtigter Zielsetzung, inhaltlicher Gestaltung, den personellen Voraussetzungen sowie den vorhandenen organisatorischen Bedingungen. (RÖTHIG (Hrsg.) 1992, S. 307).
Methodische Reihen
Methodische Reichen sind Trainingsverfahren, bei denen Bewegungen nach den beiden methodischen Grundsätzen:
•    der Vereinfachung durch Unterstützung und
•    der Aufgliederung in sinnvolle Komponenten
zusammengestellt werden. Diese Verfahren führen zu einer effektiven und erfolgreichen Umsetzung der Lernziele.
Man unterscheidet methodische Übungsreihen und methodische Spielreihen:
Methodische Reihen können aus vorbereiteten Übungen oder Spielen, Vorübungen oder spielerischen Grundformen sowie der Zielübung bzw. dem Zielspiel bestehen. Beim Erlernen und Üben einer Bewegungsfertigkeit durch methodische Reihen ist zu beachten, dass die Übungen und Spiele zur Vorbereitung vor allem der Verbesserung der konditionellen und koordinativen Grundlagen dienen und die Vorübungen den Spielern bekannt sein sollten. Je ähnlicher die Grundstruktur der ausgewählten Übungen und Spielformen ist, desto höher sind die Effekte für das gewünschte Lernziel (RÖTHIG (Hrsg.) 1992, S. 308). 
Literatur: RÖTHIG (Hrsg.): Sportwissenschaftliches Lexikon, 6. Auflage, Schorndorf Hofmann 1992
ALLGEMEINE LEISTUNGSFAKTOREN UND MERKMALE DES SPORTSPIELS
Zu den allgemeinen Leistungsfaktoren zählen die Komponenten: Kondition, koordinative Fähigkeiten, Technik und Taktik. Die typischen Merkmale des Sportspiels Rollstuhlbasketball sind:
•    vielfältiges Bezugssystem – Spieler
•    Mitspieler, Gegenspieler und Mannschaften
•    Spielidee oder Spielkonzept
•    Spielraum
•    Spielgerät
•    Spielregeln
Die Spezifika des Sportspiels bestehen aus
•    große Bedingungsvarianz
•    Spannung und Lösung
•    komplexer Charakter der Leistungsfaktoren
•    Wahlcharakter der Motorik
•    taktische Determiniertheit
•    richtige Antizipation
•    Qualität der Interaktion (Kooperation)
•    Zweikämpfe und Selbststeuerung
•    vielfältige Variationsmöglichkeiten der Spielgestaltung
•    schwierige Leistungsobjektivierung
Vermittlungskonzepte
In der nachfolgenden Tabelle werden vier unterschiedliche Vermittlungskonzepte vorgestellt und miteinander verglichen:
 

Didaktisch-methodisches Lehr- und Lernverhalten
Mit Methodik bezeichnet man die Lehre von den Verfahrensweisen, mit deren Hilfe von einem Ausgangspunkt aus ein Ziel erreicht wird, sie fasst somit alle einzelnen Wege und die Methoden systematisch (d.h. in Gesetzmäßigkeiten und Regeln) zusammen
DAS ZIEL
Das Ziel wird je nach Spielbereich und Institution (z.B. Schule, Verein) stärker im Erzieherischen, Erlebnismäßigen oder im Bereich des Sportlichen (Erfolg) liegen, die Voraussetzung für das jeweilige Zielverhalten, hier das wettkampfmäßig betriebene Sportspiel Rollstuhlbasketball, bilden im erfolgreich betriebenen Spiel folgende Lern- und Trainingsleistungen:
•    Kenntnis der Grundidee des Sportspiels
•    Kenntnis der Spielidee (Regeln) des Rollstuhlbasketballspiels
•    Physische und psychische Belastbarkeit im Rahmen des Wettspiels
•    Beherrschung (Verfügbarkeit) der speziellen Spieltechniken in verschiedenen Spielsituationen (Vortaktik)
•    Taktisch richtiges Verhalten/Handeln im Rahmen der beiden Spielrollen Angriff und Verteidigung
•    Fähigkeit zur Übernahme formeller Spiel- und informeller Gruppenrollen
•    Kenntnis übergeordneter Lernziele
LERNKLIMA
Ein günstiges Lernklima wird geprägt von Begeisterung und Sachkenntnis des Lehrenden und einer positiven Lern- und Leistungsmotivation.
WEG ZUM ZIEL
Der Weg zum Ziel führt bei schwierigeren Aufgaben über ein stufenweise verstärktes Erfolgserlebnis. Dabei können fünf Lernstufen durchlaufen werden:
1.    Das Spielen: Sammeln eigenständiger Bewegungs- und Spielerfahrungen
2.    Das Erproben: Feststellung von Problemen und Suche nach Lösungswegen
3.    Das Üben: Festlegung, was und wie gelernt werden soll
4.    Das Training: wie 3., jedoch bei häufiger und intensiver Überschreitung der Leistungsschwelle
5.    Der Wettkampf: Spielern und Trainern verbleibt ein eigener Handlungsspielraum, der von beiden respektiert werden muss.
LERNERFOLG
Der Lernerfolg hängt weitgehend davon ab, wie die nachfolgenden Prinzipien eingesetzt werden:
Spielen oder Üben?
Ein wettkampfgerechtes Spielverhalten formt und festigt sich letztendlich nur durch das Spielen (komplexe Situation). Aber Teile dieses Zielverhaltens, die unzureichend beherrscht werden, müssen durch Übungen verbessert werden (Ganzheitsmethode – Teilmethode).
Situatives Lernen oder isoliertes Lernen?
Die Verbindung beider Lehrprinzipien bietet die Gewähr dafür, dass die Bewegung sowohl technisch richtig (koordiniert) als auch spieltaktisch richtig (Geschwindigkeit, Ballschutz, Wahl der Hand usw.) erlernt wird. 
Motorische Aktivität oder Vorstellen und Denken?
Beim Erlernen sportlicher Bewegungen verwenden Spieler beide Prinzipien, der Anfänger zunächst stärker die aktive motorische Erfahrung. Je höher die Handlungsebene der zu erlernenden Bewegungen und Handlungen ist, umso notwendiger werden geistige Prozesse (mentales Training).
Gehäuftes Lernen oder verteiltes Lernen?
Im Sport ist zeitlich verteiltes Lernen wirkungsvoller als gehäuftes Lernen (z. B. besser 3 x 2- stündiges als 1 x 6-stündiges Training). Die innere Verarbeitung von Erlebnissen und Gelerntem ist besser möglich.
Erfolgslernen oder Vorgangslernen?
Vermutlich hat das Erfolgslernen (Rückmeldung über den Erfolg) bei Anfängern, das Vorgangslernen (Verarbeitung von Informationen während der Bewegung, Korrekturmöglichkeit) bei Könnern die größere Bedeutung.
Einsichtiges Lernen oder Drill?
Beim einsichtigen Lernen (Problemlösungsweg) sind höhere Entscheidungsprozesse nachgewiesen.
METHODENBEREICHE
Es gibt drei Methodenbereiche, die sich unmittelbar aus den Prinzipien ableiten:
1.    den der aktiven motorischen Ausführung, d.h. Intervall-, Ausdauer-, Zirkelmethode, Muskelausdauertraining, Trainingseffekte durch Training mit dem Ball; Lernleistungen, Fertigkeiten, Übungsformen, Übungsreihen, Spiel- und Aufgabenreihen
2.    den der Sprech-, Denk- und Vorstellungsprozesse, d.h. Methoden zur Steuerung der Informationsaufnahme und Verarbeitung in und nach dem Vollzug: Beobachten, Anhören, Nachdenken, Vorstellen, mentales Training (vor der Übung); Bewegungsvorstellung; Selbstbeobachtung, Gruppendiskussion, mentales Training (nach der Übung).
3.    den Bereich der Sozialisation, d.h. dass die Voraussetzungen zur Chancengleichheit, zur Differenzierung der Spielleistung gegeben sind und dass Identifikation sowie Partner- und Gruppenarbeit möglich sind. Das Prinzip ›Jeder mit jedem‹ wird umgesetzt.
Aufgabe des Trainers ist es, die Gruppennormen und Rollen der einzelnen Spieler zu verdeutlichen
Literatur: Bauer, W,: Psychologische Faktoren der Leistungsbeeinflussung Hagedorn/Niedlich/ Schmitt: Basketball-Handbuch (s. Literaturverzeichnis)
LEHRVERHALTEN
Das Lehrverhalten stellt ein auf den zwischenmenschlichen Bereich bezogenes Entscheiden und Handeln dar. Zu den Einflussgrößen zählen:
•    die Persönlichkeit des Lehrenden
•    der Führungsstil des Lehrenden
•    der Gegenstand und die Zielvorstellungen des Lehr- und Lernprozesses
•    die Lernenden
•    der gesellschaftliche und soziale Bezugsrahmen.
Persönlichkeit des Lehrenden
Die Persönlichkeit ist einmalig und sollte daher zu einem eigenen Lehrstil finden, deshalb ist auch das Lehrverhalten individuell verschieden. Es ist besser, einen eigenen Lehrstil zu finden als einen fremden zu kopieren. Dabei gilt es, eine ›natürliche‹ Autorität zu entwickeln. Fähigkeiten wie positive Ausstrahlung, hohe Überzeugungskraft, gesichertes Selbstbild, hohe Sachkompetenz und Offenheit für Sachprobleme, Entscheidungswillen bei Rollenkonflikten und die Bereitschaft zu neuen Erkenntnissen (Lehrender als Lernender) sind zu trainieren.
Führungsstil des Lehrenden
Das Lehrverhalten wird zur konkreten Handlungsanweisung durch den Führungsstil. Man unterscheidet drei mögliche Führungsstile:
•    Autoritärer Stil: der Lehrende gibt das Ziel und den Weg vor 
•    Demokratischer Stil: der Lehrende überträgt eine Reihe von Entscheidungsprozessen an den Lernenden (Emanzipation)
•    ›Laissez-faire‹-Stil: freie Entscheidungsprozesse für den Lernenden
Der Gegenstand Basketball ist ein Sportlehrgebiet mit eigener Fachdidaktik u. -methodik, zugleich ein pädagogisches Mittel mit bestimmten Grenzen. Ziel des Spiels sind persönliche und soziale Erlebnisse, die durch die Verbreitung des Spiels ermöglicht werden. Beim Lehrenden sollten Begeisterung und Sachkenntnis im Gleichgewicht bleiben.
LERNENDE
Das Verhalten der Lernenden dient als bestimmender Faktor zur Erfolgskontrolle für den Lehrenden.
Wichtige Bedingungen dazu sind
•    funktionierender Informationsaustausch zwischen Lehrendem und Lernenden
•    richtige Selbsteinschätzung der eigenen Rolle des Lehrenden und die der Lernenden (Mannschaft)
•    Beobachtung der Lernenden, ob und wie sie die Informationen des Lehrenden aufnehmen und umsetzen
•    Gespräche mit den Lernenden, um Motive, Erwartungen und die Informationsverarbeitung (Lernprobleme) zu erhalten
•    Vergleich mit der Erwartung (Sollwert) und dem Erreichten (Istwert), um gegebenen-falls das Lehrverhalten (Führungsstil, Methoden) zu verändern
Den gesellschaftlichen und sozialen Bezugsrahmen bilden die Vorgaben der staatlichen Bildungs- und Sportpolitik und der Öffentlichkeit. Die sozialen Bedingungen sind zu berücksichtigen, institutionalisierte Grenzen und ihre Wirkung sind zu kennen und richtig einzuschätzen, die Möglichkeiten der Nutzung bzw. Veränderung sind zu erfassen und anzuwenden.
Literatur: Cratty, BJ.: Social Dimensions of physical activity Hagedorn, G.: Das Basketballspiel Martin, D.: Mannschaftsformen und Grundlagen der Mannschaftsführung Roth, H.: Pädagogische Psychologie des Lehrens und Lernens 
Aspekte zur Planung einer Trainingseinheit
HILFEN ZUR GESTALTUNG DER ÜBUNGSVERANSTALTUNGEN
Vertrauen schaffen
Als Anfänger oder als Übungsleiter (ÜL) in einer neuen Gruppe ist die Bildung einer vertrauensvollen Beziehung zu den Gruppenmitgliedern die erste wichtige Aufgabe. Ohne eine positive Beziehung zur Gruppe wird das gemeinsame Handeln und Lernen sehr erschwert. In folgender Weise könnte verfahren werden:
•    In einem zwanglosen Gespräch, in einem gemütlichen Raum abseits der Sporthalle, werden die Bedürfnisse und Erwartungen der Teilnehmer erfragt. Der ÜL selbst erklärt seine Aufgabe und den Ablauf der Übungsveranstaltung.
•    Für den Ablauf der Übungsveranstaltung ist eine Zeitschiene hilfreich, die auch einen zwanglosen Vorlauf von fünf bis zehn Minuten einplant, die dem Bedürfnis nach zwangloser Unterhaltung der Teilnehmer Rechnung trägt. Ein pünktlicher Beginn des eigentlichen Übungsprogramms sollte zur Gewohnheit werden.
•    Zur Besprechung des Tagesprogramms versammeln sich alle in der Mitte der Halle.
•    Stehen Übungen zum Rollstuhlfahren an, dann hilft eine markante Linie nahe der Stirnseite der Halle als Orientierung. Ist die Gruppe größer, dann lautet die Anweisung des ÜL: »Stellt Euch zu zweit hintereinander hinter der Linie auf!« Dadurch entstehen zwei ›Linien‹ die der Reihe nach angesagte Fahrübungen ausführen können
Hinweis: Stehen die Teilnehmer hintereinander, dann bezeichnet man dies als eine Reihe. Stehen sie nebeneinander, dann bilden sie eine Linie
Sehen und gesehen werde
Der ÜL übernimmt immer eine Position, dass er von allen gesehen werden kann, vor allem dann, wenn er etwas vormacht. Aber auch er sollte alle mit seinem Blickwinkel erfassen können.
•    Sicher vor einer Gruppe stehen und die Augen in einer Großbildeinstellung halten braucht einige Übung. Die Füße stehen schulterbreit und die Hände halten sich gegenseitig in Höhe des Bauchnabels, damit sie nicht auf Wanderschaft gehen und dabei gar verlegenes Kratzen mit den Fingern an der Nase oder dem Haupthaar die eigene Unsicherheit signalisieren. Fester Stand und klare Anweisungen mit deutlichen Pausen erzeugen Aufmerksamkeit.
•    Um die Beziehung und das Vertrauen zwischen dem Übungsleiter und der Gruppe zu stärken, bietet der ÜL Bewegungsformen oder Spiele an, die er selbst sehr gerne macht und auch beherrscht. Der Spaßfaktor spielt dabei eine große Rolle. Bei sehr heterogenen Gruppen wird man über die Musik am ehesten einen gemeinsamen Nenner finden. Einfache Klatschspiele können schnell bestehende Hemmungen auflösen.
•    Bei der Vermittlung einer Bewegungsaufgabe gilt es, die Bildung einer klaren Bewegungsvorstellung bei den Beteiligten zu unterstützen. Dabei wird der Bewegungssinn bemüht. Arme, Kopf und Rumpfhaltungen werden deutlich erspürt, mit einfachen Worten im zeitlichen Ablauf strukturiert. Der ÜL hilft dabei mit deutlichem Mitbewegen.
•    Bei der Durchführung neuer Bewegungsformen lässt der ÜL nur so viele Teilnehmer gemeinsam ausführen, wie er für eine sichere Kontrolle erfassen kann. Am Anfang kann dies tatsächlich jeder einzelne Teilnehmer sein. Die Vermittlung jeder Bewegungsvorstellung ist nur so gut wie die erfolgte Kontrolle.
•    Die Aufarbeitung von Abweichungen und gar Fehlern durch anschauliche Korrekturen sind für das Lernen aller interessant. Die Wahrnehmung von Bewegungsdetails wird dadurch unterstützt, die methodische Kompetenz des ÜL wertgeschätzt.
Vom Einfachen zum Komplexen
•    Beim inhaltlichen Ablauf einer Übungsveranstaltung werden einfache Bewegungsformen und Spiele bevorzugt, die den Kreislauf anregen und die Durchblutung des Organismus fördern.
•    Danach erfolgt eine spezifische Gymnastik, die je nach Bewegungsmöglichkeiten individuell oder gemeinsam ausgeübt wird. Zu Beginn bietet man gymnastische Übungen an, die von allen gemeinsam ausgeübt werden können. Danach werden die Übungen individualisiert. Für den Ordnungsrahmen bietet sich der Innenstirnkreis an. Dabei fassen sich alle Teilnehmer an der Hand mit Blickrichtung zur Mitte.
•    Beim Hauptteil werden Bewegungsformen, an denen schwerpunktmäßig gelernt und geübt wird, einfach wiederholt und leicht variiert und erweitert. Der ÜL beobachtet und korrigiert nach Bedarf. Dieses Angebot wird als gebundene Aufgabe bezeichnet. Hierbei ist die methodische Kompetenz des ÜL gefragt.
•    Bei der Aufgabenvermittlung muss klar unterschieden werden zwischen der Bewegungsanweisung im Sinne der Vermittlung einer klaren Bewegungsvorstellung, die vom jeweils Übenden mit seinem ›Instrument Körper‹ ausgeführt werden kann und der Erklärung und Begründung von Bewegungsausführungen. Die Bewegungsanweisung erfolgt als Anweisung, ist kurz und prägnant und soll eine eigene Bewegungserfahrung des Lernenden ermöglichen. Die Bewegungserklärung erfolgt nach der konkreten Erfahrung. Sie hilft, die gemachte Erfahrung zu festigen und in den Erfahrungsschatz einzuordnen.
•    Bei Anfängergruppen, die unsicher und ängstlich sind, wird der ÜL das Bewegungsangebot vorgeben und die Ausführung durch Verdeutlichung von Details für eine erfolgreiche Umsetzung unterstützen.
•    Hat sich die Gruppe etabliert und eine generelle Bewegungssicherheit erreicht, dann kann nach Wünschen gefragt werden und auch die selbständige Ausführung von offenen Aufgaben ist möglich. Zum Beispiel werden Seidentücher angeboten, die zu einer Musik eigenständig und vielfältig individuell und in der Gruppe bewegt werden sollen. Damit wird der Prozess der Selbstbestimmung Mitverantwortung unterstützt, die Beziehung zwischen ÜL und Teilnehmer auf eine höhere Ebene weiter entwickelt.
Ende ankündigen
Der Schluss von Übungsabschnitten sollte angekündigt werden. Beispielsweise jeder probiert noch zweimal. Auch das Ende des Hauptteils kann mit der Zeitangabe von fünf Minuten die Konzentration und die Umstellung auf etwas Anderes unterstützen.
Dialog pflegen
Für den Abschluss bieten sich wohltuende Maßnahmen an, die entspannende Elemente enthalten. Emotionen brauchen Zeit zum Ausklingen. Ein abschließendes Gespräch, Rückmeldungen der Gruppe über Positives, Anregendes und Verbesserungswürdiges stärken und ermutigen den ÜL und erleichtern die Gestaltung der nächsten Stunde. Der ÜL lernt ständig, in dem er den Dialog mit den Teilnehmern pflegt und ermutigt, auch wenn manche Kritik zunächst auch schmerzen mag.

Aufbau einer Trainingseinheit unter methodisch-didaktischem Aspekt
Eine Trainingsstunde gliedert sich im Allgemeinen in drei Abschnitte:
•    das Aufwärmen
•    den Hauptteil und
•    das Abwärmen.
AUFWÄRMEN
Unter Aufwärmen werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die der Herstellung eines optimalen psychophysischen und koordinativ - kinästhetischen Vorbereitungszustandes sowie der Verletzungsprophylaxe vor einer sportlichen Belastung dienen. Das allgemeine und spezielle Aufwärmen steht zu Beginn einer jeden Trainingseinheit und dient der Vorbereitung auf die Trainingsinhalte. Bei der Auswahl der Aufwärmübungen ist zu berücksichtigen, welche Inhalte in der vorhergehenden Behandlung stattgefunden haben. Sind in der Ergo-, Physio-, Sporttherapie oder einer anderen Therapie schon mobilisierende, anbahnende und kreislauffördernde Bewegungsübungen absolviert worden, so kann im Krafttraining darauf aufgebaut oder sofort ins spezielle Aufwärmen übergegangen werden. (Weineck, 1996)

Abb.: Richtiges Aufwärmen (verändert nach Rölver, 2004, S.8)
Das allgemeine Aufwärmen dient der Erwärmung und Vorbereitung des Gesamtorganismus auf kommende Belastungen. Eine Herz-Kreislaufaktivierung wird erzielt, wenn mehr als ein Drittel der Gesamtmuskelmasse erfasst wird.
Nach dem allgemeinen erfolgt das spezielle Aufwärmen. Es dient der gezielten Vorbereitung auf die Anforderungen einer bestimmten Sportart, Technik oder Disziplin. Grundsätzlich ist beim speziellen Aufwärmen darauf zu achten, dass mobilisierende und anbahnende Übungen für die nachfolgend beanspruchten Strukturen ausgeführt werden, damit Verletzungen vorgebeugt und die Arbeitsmuskulatur optimal vorgedehnt wird. Die Muskulatur sollte in der Vorbereitung auf das Training nicht zu lange und zu oft gedehnt werden, da sonst die notwendige Muskelgrundspannung verloren geht.
Das Aufwärmen ist umso wichtiger, je weniger sich der Trainierende zuvor bewegt hat. (Rölver, 2004, 7)

Abb.: Wirkung des Aufwärmens (Freiwald, 1989, S. 43)
EINFLUSSFAKTOREN
Das Aufwärmen steht in enger Wechselbeziehung zu verschiedenen endogenen und exogenen Faktoren. (Weineck, 1996, 649-651)
Endogene Faktoren
Aufwärmen und Alter:
Die Aufwärmdauer und -intensität wird dem Alter angepasst. Je älter der Trainierende ist, umso länger hat das Aufwärmen zu erfolgen, da die Verletzungsgefahr aufgrund der geringeren Elastizität des Binde- und Stützgewebes und des Muskelgewebes zunehmend größer wird.
Aufwärmen und Trainingszustand:
Das Aufwärmen sollte sich in seiner Intensität und seinem Umfang nach dem Trainingszustand des Trainierenden richten. Ein mit zu hoher Intensität oder zu hohem Umfang durchgeführtes Aufwärmen kann abhängig von der körperlichen Leistungsfähigkeit zu einer starken Ermüdung führen. Die Ermüdung kann die nachfolgende Bewegungsqualität mindern, das Verletzungsrisiko erhöhen und die muskuläre Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Einen ähnlichen Effekt kann auch ein neues oder ungewohntes Aufwärmprogramm hervorrufen.
Aufwärmen und psychische Einstellung:
Allgemein sollte das Aufwärmen der Konzentration und Aufmerksamkeit auf das bevorstehende Training dienen. Die ›Einstellung‹ des Patienten beeinflusst ganz wesentlich den Effekt und die Dauer des Aufwärmens. Der Muskeltonus sowie der sympathikotone oder vagotone Erregungszustand sind individuell vom Patienten abhängig. Diese Parameter sind vom Therapeuten einzuschätzen und müssen beim Aufwärmprogramm Berücksichtigung finden. (Freiwald, 1989, 44)
Aufwärmen und Querschnittlähmung:
Die Folgen der Querschnittlähmung bringen für die Betroffenen u.a. eine neue Körperbildsituation und eine veränderte Körperwahrnehmung mit sich. Das Aufwärmen erfolgt zu Beginn einer Krafttrainingseinheit. Dabei kann es u.U. zu einer ersten Konfrontation mit einem Krafttraining im Rollstuhl kommen. Diese Erfahrung kann durch Schmerz, eingeschränkte Bewegungsausmaße und emotionale Affektinstabilität begleitet werden. Der Therapeut muss sich bewusst sein, dass sich für den Trainierenden eine völlig neue körperliche Situation darstellt. Die Motivierung durch den Therapeuten erhält daher einen großen Stellenwert.
Beim Aufwärmen und beim anschließenden Training ist immer zu beachten, dass Betroffene mit einer Halsmarkschädigung oft eine veränderte und eingeschränkte Thermoregulation haben. Abhilfe kann hier, wie in den Bildern zu sehen, eine ›äußere‹ Abkühlung sein. Patienten mit ›Untertemperierung‹ empfinden häufig beim oder nach dem Krafttraining eine ›wohlige Wärme‹.
Patienten mit einer Tendenz zur Hyperthermie, insbesondere bei hohen Außentemperaturen, befeuchten gerne Haare, Nacken oder Oberbekleidung. Patienten, die nicht schwitzen können, entziehen damit ihrem Körper über die entstehende Verdunstungskälte die Wärme. Dabei haben sich mit Wasser gefüllte Zerstäuber bewährt. In Extremfällen kann auch eine Wasserflasche oder eine Gießkanne diesen Zweck erfüllen.
Exogene Faktoren
Aufwärmen und Tageszeit
Während des Schlafes werden verschiedene Körperfunktionen gedämpft. Am Morgen dauert es individuell eine gewisse Zeit, bis die maximale Leistungsfähigkeit erreicht ist. Erfahrungen haben gezeigt, dass gerade am Morgen, die Beweglichkeit aufgrund erhöhter Spastizität deutlich herabgesetzt ist. Es kann vorkommen, dass dann ein längeres Aufwärmen erfolgen muss, damit das Krafttraining in der geforderten Bewegungsqualität erfolgen kann. (Weineck, 1996, 650)
Aufwärmen und Sportart: Krafttraining
Das Aufwärmen ist abhängig von den jeweiligen Zielen und Inhalten der Trainingseinheit. Intensives Dehnen vor der Trainingseinheit sollte nur stattfinden, wenn die Beweglichkeit eine leistungsbestimmende Komponente darstellt. Untersuchungen von Wiemann und Klee (1999) konnten zeigen, dass Schnellkraftleistungen unmittelbar nach statischem Dehnen schlechter sind und ebenso Muskelkater provoziert wird. Zusammenfassend ist festzustellen, dass beim Maximalkrafttraining vor und nach dem Training keine statischen Dehnübungen stattfinden sollten, da sie die Leistungsbereitschaft und die anschließende Regeneration herabsetzen. Bei Trainingseinheiten mit schwerpunktmäßig kraftausdauernden Komponenten kann die Erwärmung durch einen größeren Umfang gekennzeichnet sein, da z.B. Stoffwechselparameter auf ein hohes Leistungsniveau gebracht werden müssen.
HAUPTTEIL
Nach dem Aufwärmen sollte ohne längere Wartezeiten in den Hauptteil der Trainingseinheit übergegangen werden.
ABWÄRMEN/COOL DOWN
Das Abwärmen stellt eine aktive Maßnahme der Erholung dar. Ziel des Abwärmens ist die psychische und physische Belastungsreaktion durch den Sport schneller abzubauen und damit die körpereigenen Regenerationsmechanismen nachhaltiger zu unterstützen.

Abb.: Ziel des Abwärmens
Das Cool down soll zu einem Abkühlen und nicht zu einem Auskühlen führen. Aus diesem Grund sollte die verschwitzte Kleidung unter Umständen gewechselt werden und bei niedriger Außentemperatur ist das Abwärmen an einem warmen Ort durchzuführen. Zum Entmüden bieten sich Lockerungs- und Dehnungsübungen der trainierten Körperregionen, aber auch Entspannungstechniken an.


Abb.: Wirkung des Abwärmens (nach Rölver 2004, S 10)
Erholung /Regeneration
Die Erholung beziehungsweise Regeneration wird als die auf den gesamten Organismus oder einzelne Organe bezogene Wiederherstellung der vollen physischen und psychischen Leistungsfähigkeit nach Ermüdung bezeichnet. Sie wird bereits durch das aktive Abwärmen eingeleitet. Die Dauer bis zum Erreichen der Ruheausgangswerte richtet sich nach dem Grad der Ermüdung, der abhängig von den Belastungsfaktoren insbesondere der Belastungsintensität, dem Trainings- und Allgemeinzustand ist. Nach den aktiven Erholungsmaßnahmen des Abwärmens können passive Maßnahmen der Wiederherstellung wie z.B. Massage, Sauna, Wannenbäder, Wechselbäder erfolgen. (Rölver, 2004, S.10)




 

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