Para Leichtathletik

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5.3.3 | Frame Running

Das Frame Running ist eine vergleichsweise junge Disziplin mit entsprechend wenig Erfahrungen im Spitzenbereich, so dass die Technikbeschreibung nur aufgrund der Beobachtung ausgewählter leistungsstarker Athleten erfolgt und noch nicht biomechanisch analysiert und unterlegt ist.

5.3.3.1 Beschreibung Wettkampftechnik Frame Running

Das Frame Running ist ein Sprint der Beine, bei dem der Oberkörper durch das Tragegestell (=Frame) gestützt wird und die Arme bzw. Hände den Lenker fassen. Durch das Aufsitzen auf dem Sattel findet zudem eine teilweise Gewichtsentlastung statt. Damit der Athlet optimal laufen kann, muss der Frame bezüglich Höhe und Einstellungen von Sattel und Brustschild auf seine Größen- und Kraftverhältnisse optimal eingestellt sein (s. o., Kap.3).
Start: Die Athleten nehmen im Race-Frame auf dem Sattel eine Stehend-Sitz-Position mit leicht gebeugten Beinen mit leichter Schrittstellung (nicht parallel) ein, dadurch sind die Fersen leicht vom Boden angehoben. Am Start können die Athleten einen Startblock nutzen oder frei starten (Bildreihe 5, Bild 1). Das Vorderrad darf gerade nicht die Startlinie berühren. Nach dem Startschuss werden beide Beine, dem freien Sprint ähnlich, gestreckt, bevor sich das hintere Bein vom Block/Boden löst (Bild 2) und bei weiterer Streckung des vorderen Beins nach vorn geführt wird (Bild 3) und schon kurz hinter der Startlinie das erste Mal aufsetzt (Bild 4).

Bildreihe 5

Bildreihe 5 Start Frame Running

Bildreihe 6

Bildreihe 6 Frame Running im Rennverlauf

Bei allmählich längeren Schritten wird die Geschwindigkeit bis zum Maximum gesteigert und gehalten. Der Fuß wird auf dem Fußballen aufgesetzt, bedingt durch die Haltefunktion des Frames befi ndet sich der Oberkörper oberhalb oder sogar vor dem aufsetzenden Bein (Bildreihe 6, Bild 1). Während es erst ziehend aus der Hüfte, dann streckend mit dem Kniegelenk nach hinten geführt wird (Bilder 2–3), bringt der Athlet das Schwungbein leicht gebeugt aus der hinteren (Bild 1) in die vordere Schwungphase (Bilder 1–3), um es dann mit aktivierter Fußspitze wiederum auf dem Fußballen aufzusetzen (Bild 4). Die Schrittfrequenz ist höher als im freien Sprint, die Schrittlänge entsprechend kürzer (z. B. Frauen über 100 m ca. 77 Schritte bei einer Endzeit von 18,17 sec). Durch die Fixierung im Sattel und Brustschild behalten die Athleten während des gesamten Rennens eine konstante Oberkörpervorlage.

5.3.3.2 Methodik des Technikerwerbs

Angehende Frame Runner müssen sich zunächst mit dem Gerät vertraut machen und die richtigen Einstellungen finden. Anschließend können sie erste Geh-, dann langsame Laufversuche mit dem Gerät starten. Dabei müssen sie das Lenken lernen bzw. bei langsamer Geschwindigkeit üben. Dies ist für Sportler mit stark athetotischen Symptomen nicht selbstverständlich. Beherrschen sie das Gerät, können sie allmählich versuchen, die Geschwindigkeit zu erhöhen und dennoch die Kontrolle über Gerät und Richtung behalten, erst auf der geraden Bahn, später auch im Kurvenlauf. Durch die fixierte Position auf dem Frame drohen stärker als im freien Sprint Muskelverspannungen und Fehlstellungen im Rumpf- und Armbereich, die durch ein umfangreiches Kompensationstraining und physiotherapeutische Maßnahmen aufgefangen werden müssen.

5.3.3.3 Besonderheiten der Startklassen

Das Frame Running ist den Athleten mit zerebraler Beeinträchtigung vorbehalten, insofern gibt es nur drei internationale Startklassen. Dabei unterscheiden sich, wie zuvor in Kap. 3.2.3 dargelegt, die Beeinträchtigungen erheblich voneinander, beispielsweise die Bewegungsunruhe, aber auch die Schnelligkeit der Innervation betreffend, so dass es große Unterschiede in den leistungsbestimmenden Voraussetzungen und damit auch den Leistungen gibt.
Athleten mit starker Bewegungsunruhe (Athetose) müssen diese vor und beim Start so weit kontrollieren, dass ein geordneter, gemeinsamer Start für alle Teilnehmer möglich ist. Athleten mit starker Hemiparese/Lähmung können den Vortrieb nur mit einem Bein erzeugen. Bei entsprechender Frequenz können auch so gute Leistungen erzielt werden.

5.3.3.4 Spezielles Übungsgut

Aus der Technikbeschreibung wurde deutlich, dass das Frame Running ein Sprint mit stabilisiertem Oberkörper ist. Entsprechend können viele Übungen des Sprints auch für die Frame Runner eingesetzt werden:

  1. Submaximale Koordinationsläufe
  2. Fliegende Sprints, Tempowechselläufe
  3. Starts und Beschleunigungsläufe
  4. Sprint-ABC mit Frame
  5. Flache Sprungserien
  6. Übungsgut der Sprinter
  7. Spezielle Kräftigungsübungen

1. Submaximale Koordinationsläufe
Zunächst müssen sich die Athleten mit dem Gerät bei moderater Geschwindigkeit vertraut machen, ihr Gewicht dem Sattel und Brustschild anvertrauen bzw. deren Höhe entsprechend optimieren. Stabil im Frame können sie ihre ersten Geh- und Laufversuche mit dem Gerät auf ebenem Boden, sei es in der Halle oder auf der Bahn machen. Neben dem kontinuierlichen Vortrieb durch die Beine muss auch das sichere Lenken auf der Geraden und in der Kurve, jeweils auf der eigenen Bahn trainiert bzw. vom Trainer korrigiert werden.


2. Fliegende Sprints, Tempowechselläufe
Mit dem Gerät vertraut, können sich die Athleten allmählich an ihre Höchstgeschwindigkeit heranarbeiten und lernen, diese über eine gegebene Strecke aufrecht zu erhalten bzw. – bei längeren Strecken – sich die Geschwindigkeit in Abhängigkeit von der Streckenlänge bzw. Belastungsdauer einzuteilen. Geübte Frame Runner können ihre Geschwindigkeit variieren und vorgegebene Abschnitte mit höherer bzw. niedrigerer Geschwindigkeit durchlaufen, damit ein Intervalltraining durchführen. Offenbar aufgrund der Gewichtsentlastung ist die Schrittlänge im Frame Running deutlich verkürzt, umgekehrt ist die Frequenz sehr hoch und auch bedeutsam für die Leistung. Entsprechend müssen auch die vorgenannten Trainingsübungen mit hoher Frequenz durchgeführt werden.


3. Starts und Beschleunigungsläufe
Haben sich die Athleten so spielerisch mit dem Gerät vertraut gemacht, können sie Starts aus der Ruheposition trainieren. Gegebenenfalls werden sie hier von Helfern unterstützt. Gerade für das Frame Running bieten sich – auf fortgeschrittenem Niveau – auch Zugwiderstandsläufe zur Verbesserung der Abdruck- bzw. Sprintkraft an (s. u., Kap. 6.3.6.3), da durch das an den Rahmen angehängte Gewicht die Rumpfposition im Lauf nicht verändert wird. Hier sollten junge Athleten allerdings mit geringen Gewichten arbeiten, um die schnellkräftige Bewegungsausführung nicht zu gefährden.

Abb. 5.50

Abb. 5.50 Frame Runner mit Helfer beim Start


4. Sprint-ABC mit Frame
Die in Kap. 5.3.1.4 bzw. Tab. 5.6 genannten Übungen des Sprint-ABCs können auch mit dem Frame absolviert werden. Das Sprint-ABC mit den kurzen Bewegungsamplituden und geringem Krafteinsatz fördert die ohnehin schon hohe Schrittfrequenz der Frame Runner. Zudem kann an speziellen Bewegungsaufgaben wie Kniehub, aktivem Greifen und Abdruck gearbeitet werden. Durch die Variation der Ausführungsgeschwindigkeit wird dieser Aspekt noch einmal betont.


5. Flache Sprungserien
Um die Schrittlänge zu verbessern, können einzelne Läufe druckbetont durchgeführt werden, hier helfen eventuell Bodenmarkierungen, um bestimmte Schrittlängen einzuhalten. Ebenfalls zur Verbesserung des Vortriebs eigenen sich Einbeinsprünge (Abb. 5.51), die flach und schnell nach vorne ausgeführt werden und eine ziehende Beinarbeit erfordern bzw. trainieren.

Abb. 5.51

Abb. 5.51 Schnelle Einbeinsprünge erhöhen die Reaktivität


6. Übungsgut der Sprinter
Generell können die Frame Runner viele Übungen des Stehend-Sprints nutzen, um ihre Technik zu verbessern und ihre Leistung auszuprägen. Hier ist an Startbeschleunigung ohne und mit Konkurrenten, an Frequenz- und Rhythmusaufgaben und an Übungskombinationen wie Übergänge vom Sprint-ABC in die Steigerung vergleichbar dem Sprint gedacht (Kap. 5.3.1.4).


7. Spezielle Kräftigungsübungen
Durch Zugübungen mit einem vor dem Körper und am Fuß befestigten Theraband (siehe Abb. 5.52) können die Beinarbeit und der Fußaufsatz trainiert werden. Wichtig ist dabei die greifend-ziehende Muskelarbeit aus der Hüfte nach hinten unten.

Abb. 5.52a Abb. 5.52b

Abb. 5.52 Zugübungen mit dem Theraband für den Frame Runner